Diese Forderung klingt absolut pervers, sie ist Blasphemie! Diese Worte fühlen sich nach einem Angriff auf mein Leben, meine Arbeit, mein Vergnügen an.
Das Leben ohne Smartphone und Internet scheint unvorstellbar, denn wir haben uns an alle möglichen Dinge gewöhnt, die uns heute als Notwendigkeiten verkauft wurden. Einkaufen, soziale Kontakte, Wettervorhersage und Zeitvertreib sind verbunden mit digitalen Geräten. Auch dieser Text wurde am Rechner geschrieben. Einmal davon abgesehen, dass Staaten und Konzerne im Grunde nach belieben das Internet einschränken oder abschalten können: Warum ist es so schwer geworden, sich ein Leben ohne Internet und Handy vorzustellen, selbst für diejenigen, die diese Zeit noch erlebt haben?
Wenn wir uns einmal der Vorstellung hingeben, das Internet wäre morgen früh abgeschaltet, offenbaren sich schnell unsere Abhängigkeiten. Überlege einfach mal einen Moment, wie dein Tag morgen aussehen würde.………… ……. ….. … .. .
Nach dem Wetter schauen, Videokonferenzen, mit entfernten Menschen in Kontakt treten, kurze Nachrichten, mein digitales Ego… ein immer größerer Teil des Lebens, Beziehungen und Identitäten flüchten in den digitalen Raum. Die Gewöhnung daran lässt uns schnell denken und fühlen, dass dies unumstößlich sei, dass dies DIE einzige Art zu Leben sei. Eine Lüge, die schon in der Grundschule erzählt wird: Es geht nicht anders als jetzt gerade, das Bestehende ist immerhin das beste was möglich ist. Das zu glauben ist ein Grund, warum die Selbstermächtigung des Lebens so wenig praktiziert wird. Diese angebliche Alternativlosigkeit ist nichts Neues, das haben die Herrschenden schon immer erzählt. Weil es ihnen in die Hände spielt, weil es gefügig und beherrschbar macht. Nur ist die digitale Abhängigkeit so umfassend wie noch keine andere Methode davor.
Die Bindung an Endgeräte, soziale Plattformen und digitale Technologien erzeugt durch billige Tricks, Förderung der Faulheit, sehr angenehme Gefühle. Und damit eine Bejahung der eigenen Abhängigkeit und Alternativlosigkeit. Deshalb wird sich für viele die Forderung „Internet abschalten“ wie ein Angriff auf einen selbst anfühlen, was nicht verwunderlich ist, wenn es einen großen Teil des Lebens überhaupt ausmacht. Doch wenn etwas so extrem, so dermaßen vereinnahmend und mächtig ist, wie viel hast du dann noch zu sagen?
Nehmen wir also an, morgen bricht das Internet zusammen, was würdest du tun? Würdest du stundenlang alleine in deinem Zimmer sitzen? Wie lange würdest du brauchen, um deine Befriedigungen aus anderen Aktivitäten zu ziehen? Weißt du noch, wie man von Angesicht zu Angesicht streitet? Wie kannst du dich länger auf etwas konzentrieren? Wie mit vielen anderen tiefgehend organisieren?
Das Internet hat Abhängigkeiten und Ausbeutungsmöglichkeiten enorm erhöht. Manche sagen, das ist eben der Preis für all das Praktische oder es wird einfach nur falsch genutzt. Doch machtvolle Instrumente werden immer von machtvollen Strukturen genutzt und wer machtvoll ist, unterdrückt immer andere. Es gibt keinen „guten König“, ihn hat es nie gegeben. Und wer selbst entscheiden will im Leben, wer sich selbst organisieren will, wer also freiheitlich leben möchte, kann dies nicht in Kauf nehmen.
Wie wäre es also mit einem Experiment? Mit der Abschaltung des Internets als einen ersten Schritt zur Bewusstwerdung unserer Lage, als einen Bruch im „weiter so“, um ein Experimentieren überhaupt erst zu ermöglichen, wie selbstbestimmtes Leben aussehen könnte?
Power Off. .. … ….. ……. …………
Rechenzentrum abgebrannt!
Wenn aus der Datencloud eine Rauchwolke wird
Es gibt die Vorstellung das Daten, welche massenhaft in „Clouds“ gespeichert werden, irgendwo im Internet umher schwirren. Weder Raum noch Zeit kennen und trotzdem ständig zur Verfügung stehen. Kaum wer verschwendet einen Gedanken daran, dass etwas so wenig greifbares wie Daten, letzten Endes einen physischen Platz in der Welt einnehmen und in riesigen Rechenzentren mit unzähligen Servern abgepackt werden. Das Versprechen der Cloud-Anbieter lautet Schutz vor Verlust, Diebstahl und Angreifern. Doch ein Ereignis Anfang März am Rande von Straßburg lehrt uns eines besseren. Ein Rechenzentrum des größten europäischen Cloud-Anbieters OHV steht auf fünf Etagen lichterloh in Flammen. 12 000 Server brennen nieder und ein weiterer Bau wird zur Hälfte zerstört. 3,6 Millionen Websites gingen offline und riesige Datenmengen von Unternehmen, staatlichen Portalen, Banken, News- und Regierungsseiten fallen den Flammen zum Opfer und sind aufgrund des Verzichts auf kostspielige Backups unwiderruflich verschwunden. Ob dieses Feuer mit dem kurz bevor stehenden Börsengang des Unternehmens zusammenhängt? … Gibt es vielleicht sogar eine Verschwörung gegen das Internet? …. Oder war es doch nur eine spontane Selbstentzündung von zu heiß gelaufenen Servern im Dickicht des Kabelwirrwarrs? Wir werden es wohl nie erfahren. Doch eines sei gewiss, genauso wie die Glasfaserkabel und Funkantennen, welche das virtuelle Gold von A nach B bringen, sind auch die Datenwolken bloß ein Streichholz und paar Liter Benzin davon entfernt, sich auf nie mehr wiedersehen in einer Rauchwolke zu verabschieden – nichts bleibt für die Ewigkeit.