Die Heinzelmännchen hatten in Wirklichkeit prekäre Arbeitsbedingungen
Die Arbeit, oder viel eher die Arbeitskraft, wurde im Kapitalismus zur Ware. Lohn bekommt man nicht, wenn die Tätigkeit für einen selbst ist, sondern wenn man seine Leistung auf dem Markt anbietet und die gleiche Tätigkeit, wie z.B. Kochen, Einkaufen, Reparationen für jemand Anderen erledigt. Leider müssen die Meisten von uns ihre Arbeitskraft auf dem Markt verkaufen, um sich mal mehr, mal weniger lebensnotwendige Sachen zu kaufen. Eine Wahl auf dem Arbeitsmarkt haben jedoch die Wenigsten. Es sind eher diejenigen, die das Kapital besitzen, die Bosse und Arbeitgeber*innen, welche die Wahl an Arbeitskräften haben. Sie wählen die Menschen aus, die für sie die Arbeit erledigen und entlohnt werden. Eine neuere Entwicklung des Marktes sind die sogenannten Micro-Jobs, andere Namen dafür sind paid crowdsourcing, Plattformarbeiten, Gig-Economy. Es handelt sich dabei vor allem um Dienstleistungstätigkeiten, wie den Wocheneinkauf für jemanden erledigen, Essenslieferung, für jemanden putzen, … Bekannte Unternehmen sind hier Lieferando, Helpling, MyHammer Holding, Task Rabbit und große Plattformen wie Uber, Google, AirBnB und Amazon. Sie haben gemeinsam, dass die Arbeit für die Unternehmen nicht mehr von Mitarbeiter*innen erledigt wird, sondern von Privatpersonen oder Angestellten von Sub-Unternehmen. Gezahlt wird nicht pro Stunde, sondern pro Leistung. Das versprochene leichte und schnelle Geld ist in Realität ein Märchen. Die Wirklichkeit dieser Jobs ist eher schlechte Bezahlung, ein großes Risiko und ein prekäres Arbeitsverhältnis. Es sind vor allem Menschen, die bereits in prekären Situationen leben, die diese Jobs annehmen (müssen), da sie ihre Arbeitskraft verkaufen müssen und dafür keine Wahl auf dem „Markt“ haben.
Der Mensch war immer eine Ware in der kapitalistischen Logik, ob im „klassischen“ oder im digitalen Kapitalismus. Der Digitale akkumuliert das Kapital durch (digitale) Transaktionen. Plattformen wie Amazon oder Google streben dabei die totale Kontrolle an, u.a. durch die Erhebung von Daten und Meta- Daten ihrer „Angestellten“. Bei sogenannten Micro-Jobs oder paid crowdsourcing handelt es sich um Arbeiten, die von Privatleuten durch Apps angenommen und erledigt werden können. Wie z.B. das Testen von einem Getränk, ein Foto von der Anordnung im Supermarktregal, … Das „schnelle Geld“ ist eher für das Unternehmen und die Bosse, als für die Micro-Jobber, denn auch hier steht die Vergütung in keinem Verhältnis zum Aufwand. Für das Unternehmen bietet diese Leistung jedoch große Vorteile, denn sie muss keine Mitarbeiter*innen für diese Arbeiten schicken, welche zudem pro Stunde bezahlt werden und vor allem sammeln sie Daten über die Jobber – das offensichtlichste ist die E-Mailadresse, welche weiterverkauft wird und man dann Werbung zugeschickt bekommt. Darüber hinaus werden die Micro-Jobber oder Plattformarbeiter*innen über Algorithmen gesteuert, überwacht und bewertet. Wie bei den Juicern, die 4 € für einen aufgeladenen E-Roller bekommen, müssen auch die Micro-Jobber die Kosten (ob Strom, das Getränk, was es zu testen gilt, Fahrtkosten, …) selbst bezahlen. Bei Juicern hört man, dass ca. 2,20 € pro Roller Gewinn für einen selbst übrig bleibt, oder es ist auch von einem Stundenlohn unter 3 € die Rede. Bei Micro-Jobbern wird nicht immer in Geld ausgezahlt, sondern auch in Kreditpunkten. Immer wieder hört man von Leuten, die nicht komplett ausgezahlt wurden oder gar kein Geld erhalten haben, weil sie z.B. den E-Roller nicht komplett aufgeladen haben, oder den Micro-Job nicht richtig ausgeführt haben, weil z.B. der Fragebogen nicht komplett oder das Foto vom Supermarktregal nicht „sauber“ war. Die Micro-Jobs, Arbeiten für Plattformen, oder eben nachts E-Roller aufladen, sind die modernen Formen des Pfandsammelns, des Putzens, … Sie zeigen, dass der Kapitalismus aus der prekären Situation von Menschen immer Profite erwirtschaftet. Zynisch ist es dann, wenn der Chef vom E-Roller Unternehmen Tier in einem Interview sagt, dass das Sammeln und Aufladen Menschen wie Paketlieferant*innen die Möglichkeit gibt, auch Nachts, nach der Tagesschicht, zusätzlich Geld mit E-Rollern zu verdienen. Stimmt, denn die Heinzelmännchen schliefen auch nicht!
Die bestehende Gesellschaft basiert immer noch auf dem Gegensatz zwischen jenen, die das Kapital besitzen und denen, welche ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Es ist ein unversöhnlicher Gegensatz, denn der*die Arbeitgeber*in erzielt höhere Profite, desto prekärer die Arbeitssituation auf der anderen Seite ist. Auch wenn der Sozialstaat die Lage zugunsten der Ersteren entschärft hat, liegt die Wahl, bzw. Macht immer noch in den Händen der Bosse und Arbeitgeber*innen. Und diese Machtverhältnisse bleiben solange bestehen, bis Kapitalismus und Eigentum als wichtige Stützen in Frage gestellt werden. Die direkte Antwort gegen die prekären Verhältnisse bleibt immer noch der Angriff, der Streik und die Sabotage. Der Angriff nach Oben und nicht das Treten nach Unten.