Die Zerstörung der falschen Hoffnung als Chance für die Freiheit
Um uns darauf vorzubereiten was kommt und auch um das Aktuelle einschätzen zu können, ist es entscheidend den Entwicklungen ins Auge zu blicken. Und zu überlegen, wo Freiheit eigentlich entstehen kann.
Heute einfach so weiter zu machen wie bisher ist Wahnsinn. Die momentanen Zustände sind katastrophal, wir konstruieren unsere zerstörte Zukunft. Das ökologische System steht vor dem Kollaps, es ist fraglich ob eine Notbremse überhaupt noch möglich ist.
Sicher ist heute schon eine Erderwärmung mit fatalen Folgen. Die Klimakatastrophe wird Verwüstungen und Überschwemmungen in nie bekanntem Ausmaß verursachen und viele Gegenden unbewohnbar machen. Milliarden Menschen werden sich auf die Flucht begeben müssen, vor allem die Ausgeschlossenen, die nicht an der kapitalistischen Ausbeutung profitieren. Rassismus und das Erstarken autoritärer Modelle der Privilegierten sind wahrscheinliche Folgen.
Das bedeutet wahrscheinlich nicht, dass es einen großen finalen Untergang der Menschheit geben wird, aber dennoch einen Zusammenbruch der Strukturen und Modelle wie wir sie heute kennen. Vielleicht schaffen es einige materiell reiche Gebiete, die in günstigen Gegenden liegen, sich durch technologische Mittel und brutale Abschottung weiter einer grundlegenden Not zu entziehen. Eine Not, die verursacht ist durch die dekadente Lebensweise des Nordens und der Ausbeutung des Südens. Kolonialismus und Ausbeutung ziehen sich von damals bis morgen.
Die Hoffnung darauf, dass uns retten wird wer die derzeitige Katastrophe verursacht hat, gibt die eigene Verantwortung an die Politik ab.
Der Glaube, dass milliarden Menschen gleichzeitig ein Bewusstsein entwickeln werden ohne Ausbeutung zu leben, ist ermutigend aber absolut unwahrscheinlich. Besonders in solch zugespitzten Situationen wie jene, die auf uns zukommen. Denn die Not macht nicht zwangsläufig herrschaftskritisch und Privilegien erst recht nicht. Der Glaube an die Weltrevolution führt also zu Enttäuschung oder Verblendung, anstatt zu Taten und Ideen dauerhafter Revolten und alltäglicher Aufstände. Der Glaube an die Politik wiederum ist verführerisch, aber versperrt den Weg zum konkreten Handeln, denn Politik bedeutet Delegation. Um zu reellen Einschätzungen zu kommen, was möglich ist und was nicht, was man fordern kann ohne zu lügen, auch zu sich selbst, und um den Fokus auf das Jetzt zu legen, muss der Glaube an Politik und die Weltrevolution zerstört werden.
Was bleibt dann noch, fragt sich so manche*r? Wenn es, so gesehen, keine allgemeine Hoffnung mehr gibt, dass alle Menschen in Freiheit leben werden, wofür dann noch kämpfen, wofür dann noch leben?
Freiheit basiert auf Solidarität, der Abwesenheit von Herrschaft und Ausbeutung und der individuellen Entfaltung. All das ist existent. Nicht immer, nicht überall, nicht absolut. Doch die Art unserer Beziehungen und wie wir miteinander umgehen, bestimmen wir selbst. Welche Projekte wir wie aufbauen, bestimmen wir selbst. Momente des Aufbegehrens, Vorstellungen und Gesetze zu sprengen, passieren ständig. Natürlich bewegen wir uns in einem vorbestimmten Rahmen und damit in unendlich vielen Widersprüchen. Dennoch sind die Erfahrungen der eigenen Entscheidung, der gegenseitigen Hilfe, die Missachtung geltender Regeln, der Organisierung auf Augenhöhe, die Freiheiten für die wir kämpfen sollten. Konkrete Orte und Projekte, die ein anderes Leben aufzeigen und Bestehendes angreifen. Beziehungen und Bewusstsein, die sich an der Qualität der Gegenseitigkeit und Freiheit messen.
Genau diese Widerständigkeit ist sehr direkt, sie drückt sich in Gedanken und vor allem dem Handeln aus. Das ist die „andere“ Welt, die Freiheit, die sich überall findet und für die es sich immer zu kämpfen lohnt. Und es macht glücklich nach den eigenen Ideen zu handeln, also kohärent zu sein und Ideen und Praxis miteinander spielen zu lassen. Um die Freiheit immer auszuweiten, heute und in Zukunft.