Projekt Gaia X – Eine gigantische Datenwolke

In vielen Publikationen wird in letzter Zeit über progressive Technologien berichtet. Damit ist u.a. die neue Generation des Mobilfunknetzwerks 5G, die Infrastruktur der Glasfaserkabel und das Ipv6-Protokolls gemeint. Diese Infrastruktur dient der Verwirklichung des Internet der Dinge, was wiederum Teil einer Smart City ist, welche Teil einer smarten Welt werden soll. Einige aktuellen Debatten und Recherchen drehen sich darum, die eben aufgezählten Bestandteile in ihren technischen Details zu verstehen, um so die möglichen Auswirkungen auf gesundheitlicher und sozial-ökonomischer Ebene abzuwägen. Klar wird, dass dies oder jenes schlecht, ungesund oder wiedermal nur Macht-fördernd ist. Im Allgemeinen ist eine eher kritische bis ablehnende Stimmung gegen diese Vorhaben spürbar. Doch wer will eigentlich von solchen Entwicklungen profitieren? Und welche Erfolgserwartungen sind Grundlage für die Etablierung dieser neuer Technologien?


Die heutige Gesellschaft des Fortschritts würde sich gerne wie der Phönix aus der Asche sehen. Zyklisch, aber beständig und schier unsterblich. Die Autorität in dieser Gesellschaft rekonfiguriert sich sozusagen permanent in unregelmäßigen Abständen. Diese kompulsive Manie hat meistens bisher eine disruptive Wirkung auf die sozialen Zusammenhänge und hinterlässt nach jedem Zyklus größere soziale Gegensätze. Eines der vielen Resultate davon ist, dass die Oberschicht mehr Macht, Rechte, Privilegien und Güter akkumuliert und dies ausbauen will, daher die ständigen Entwicklungsschübe. Die Unterschicht hingegen fühlt sich oft ohnmächtig gegenüber der scheinbaren Allmacht. Mittlerweile sind die Angriffspunkte dieser Allmacht nur schwer greifbar, wenn überhaupt sichtbar. Die Abstraktheit der Autorität ist eines der größten Gefahren für die Kanaillen, denn erst wenn der Mensch etwas fühlt, wird etwas real, sei es auch nur ein herum-wischen auf einem Bildschirm. Doch ist die alltägliche soziale Kontrolle durch die Technologie kaum etwas, das spürbar ist, bzw. als Bedrohung wahrgenommen wird…im Gegenteil. Jede neue Entwicklung wird blindlings abgefeiert, promoted und vermarktet. Die Investor*innen, die Industrie-Magnaten, die Lobbys, ja die ganze Wirtschaft reibt sich die Hände wund, während der*die Einzelkonsument*in sich nichts dabei denkt, beim Kauf des neusten 5G-tauglichen Smartphones. Doch betreffen soziale Veränderungen, Ausbeutung und Unterdrückung durch den Fortschritt alle Menschen in einer Gesellschaft, von den Produzent*innen bis hin zu den Konsument*innen. Nicht nur der Massenkonsum, sondern die gesamte Marktwirtschaft, mit all ihren Facetten und als Teil einer autoritären und kapitalistischen Gesellschaft, müsste gänzlich zerstört und neu erdacht werden. Doch bleiben wir im hier und jetzt. Schon vor einigen Jahren wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das sogenannte „Weissbuch – Digitale Plattformen“ herausgebracht. Es sind Leitsätze, an dem sich die jetzige und jede kommende Regierung in Bezug auf das digitale Wachstum bis 2025 in der BRD orientiert; in institutionellen Kreisen wird dies auch „Digitale Strategie 2025“ genannt. Erstmals im März 2016 vorgestellt, beruht dieser Plan auf einer 10-Punkte Agenda. Hier einige davon: flächendeckende Hochgeschwindigkeits-Telekomunikationsnetze, eine Neue_Gründerzeit soll eingeleitet werden, Förderung von Digitaler Bildung, Digitalisierung behördlicher Abläufe durch Künstliche Intelligenz, etc.

Eine Strategie fokussiert sich immer auf das erfolgreiche Erreichen eines Ziels. Dabei geht es in diesem Fall nicht nur um die deutsche Wirtschaft, sondern um die Etablierung einer europäischen Wirtschaftsmacht, die auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben soll. Eine Komponente, die maßgeblich diesen Traum verwirklichen soll, wurde Ende 2019 vom BMWi ins Leben gerufen und wurde „Projekt Gaia X“ getauft. Kurzgefasst geht es um eine flächendeckende Dateninfrastruktur in einer digitalen Wirtschaft. Die Datenerhebung und Verarbeitung bis hin zur Speicherung sollen von der staatlichen Souveränität gewährleistet werden.
Gaia ist in der griechischen Mythologie die Erd-Göttin oder auch die Göttin der Fruchtbarkeit. Und so soll auch das obige Projekt Früchte tragen! Und zwar, indem es die angebeteten „europäische Werte“ verwurstet: Transparenz, Offenheit, Sicherheit, Vertrauen. All diese Werte beziehen sich auf die Datenerhebung. Die Daten werden die zukünftige Währung in einer Gigabit-Gesellschaft sein, die von vorne bis hinten mit Gigabit-Geschwindigkeit vernetzt sein wird. Was das Projekt Gaia – X betrifft: Man stelle sich eine einzige gigantische digitale Cloud über Europa vor. Innerhalb dieser Wolke können jederzeit Daten von Privaten und Industrien ausgetauscht werden, wobei am Meisten die Industrie von dem Projekt eingebunden werden soll. Die Errichtung und Instandhaltung der Infrastruktur und die Verwaltung, somit die Kontrolle, sollen in staatlicher Obhut liegen. Angeblich soll dies ein Eindämmungsversuch sein um den ständig expandierenden und schier unkontrollierbaren Großkonzernen, den sogenannten Oligotendenzen, die Luft aus den Segeln nehmen, denn auch sie haben das Datenmonopol anvisiert. Konkret geht es um zwei technische Grundpfeiler, auf denen das Projekt Gaia – X basiert: Cloud – Technologie und Edge – Technologie. Die Edge – Technologie läuft über zentrale Rechenzentren, wobei die Daten nahe den Produktionsprozessen verarbeitet werden, d.h. die Zugriffsgeschwindigkeit ist sehr hoch, die Ressourcen werden geschont. Die bekanntere Cloud -Technologie ist ein dezentraler Datenpool, der über, zum Teil weit entfernte, Server zugänglich ist, d.h. die Zugriffsgeschwindigkeit ist geringer. Diese beiden Technologien sollen bis aufs engste gekoppelt werden und ergänzend arbeiten. Der Ausbau und die Weiterentwicklung der bestehenden IT-Infrastruktur bedeutet, dass die Einführung und der Ausbau des 5G-Netzwerks und aller bisherigen und zukünftigen Technologien die Voraussetzung für solches und anderer Vorhaben der Regentschaft sind.

Wenngleich sich das Projekt „Gaia-X“ betont offen und europäisch gibt, liest sich die Liste der Mitwirkenden noch recht deutsch. Genannt werden im Einzelnen:

acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e.V. – arago GmbH – Atos SE – Beckhoff Automation GmbH & Co. KG – Berlin Institute of Health und Charité Universitätsmedizin Berlin – Bitkom e.V. – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – Bundesminister für Wirtschaft und Energie – Bundesministerin für Bildung und Forschung – Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat – Bundesministerium für Bildung und Forschung – Bundesministerium für Gesundheit – Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. – Charité Universitätsmedizin Berlin – Cloud&Heat Technologies GmbH – Dataport AöR – DATEV eG – DE-CIX Group AG – Deutsche Bank AG – Deutsche Börse AG – Deutsche Telekom AG – Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. – DLR e.V. – eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. – e-shelter services GmbH – EuroCloud Deutschland eco e.V. – Festo AG & Co. KG – Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. – Fraunhofer-Institut AISEC – Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik – Friedhelm Loh Stiftung & Co. KG – German Edge Cloud GmbH & Co. KG. – Global Representative and Advisor Plattform Industrie 4.0 – Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen – IG Metall – International Data Spaces Association e.V. – IoTOS GmbH – Kompetenznetzwerk Trusted Cloud e.V. – msg systems ag – noris network AG – RAYLYTIC GmbH – Robert Bosch GmbH – SAP SESCHUNK GmbH & Co. KG. Spann-und Greiftechnik – secunet Security Networks AG – Siemens AG – Software AG – Strategion GmbH – SupplyOn AG – TechQuartier – FinTech Community Frankfurt GmbH – T-Systems International GmbH – VDMA e.V.