Viel Gezwitscher um nichts

Die Überbewertung und geringe widerständige Nachhaltigkeit von Protesten und Auseinandersetzungen durch Twitter

Eine Erkenntnis die uns alle anscheinend beruhigt ist, dass wenn getwittert wird, wird informiert. Eine Superreichweite, die eine Nachricht von der Besetzung (Aktion, Spontandemo, Unterschriftenliste) erreicht. Puh geschafft – alle wissen es! Aber was wissen sie denn? Sie könnten zur einer Besetzung kommen, jedoch oft ohne Absprache mit Anderen, Freund*innen, Gefährt*innen, geschweige denn mit den Leuten im besetzten Haus. Wenn sie Twitter dabei haben, ist auch ihr Überwachungsmittel das Smartphone mit Kamera, Mikrophon und GPS dabei. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: ich bleibe zu Hause, weil ich bin nicht vorbereitet, oder ich gehe zur Besetzung und wenn ich nicht total sponti bin, bleibe ich letztendlich ein*e vernünftige Zuschauer*in. „Viel Gezwitscher um nichts“ weiterlesen

Eigentum besitzen, Eigentum besetzen, Eigentum beisetzen

Vom Recht auf Wohnen, losen Versprechen und anderen Fata Morganas

Es gibt viele Wege und Werkzeuge, um gegen die geregelte Ordnung dieser Welt zu komplottieren. Die soziale Ordnung birgt Unterwerfung und Disziplin in sich. Die ordentlichen Verteidiger*innen dieser Realität sind diejenigen, die Ausbeutung und Unterdrückung durch ihren unermesslichen Wunsch nach Recht und Ordnung vorantreiben. So gibt es Menschen, die die Macht haben über anderer Leben zu entscheiden, durch ihre politische und wirtschaftliche Position. Diese politische Oberschicht, oder wie sie so charmant genannt werden „Meinungsvertreter*innen“, sind ein entscheidender Teil des kapitalistischen und demokratischen Fortbestehens, dessen Ordnung gewisse Menschen an der Macht sieht und andere ganz weit unten in der sozialen Hierarchie.

Es geht hier nicht um die unwahrscheinliche Antwort auf die Klassenfrage. Wo ist die Klasse, wer ist sie, gibt es sie überhaupt noch? „Eigentum besitzen, Eigentum besetzen, Eigentum beisetzen“ weiterlesen

Dieser soziale Konflikt lässt sich nicht befrieden: Gegen den Deckel auf dem Topf

Dass es jene gibt, die von einem grundlegenden Bedürfnis profitieren und damit spekulieren und andere, die ihren letzten Cent zusammen kramen müssen, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben, liest sich ganz weltfremd betrachtet unglaublich absurd. Das Eigentum an Wohnraum, die kapitalistische Logik der Erwirtschaftung von Profit, der demokratische Staat als Garant dieser Ordnung, als Erfüllungsgehilfe von Zwangsräumungen, verantwortlich für die Verödung des Stadtbildes zu einer kameraüberwachten Betonwüste. Die Verdrängung armer Menschen aus der Innenstadt, die Tatsache, dass ein stets größer werdender Anteil der Lohnarbeit für die Miete aufgewendet werden muss oder viele erst gar keine Wohnung finden – dies sind die Bedingungen, in denen wir leben, und sie sind nicht absurd sondern harte Realität. „Dieser soziale Konflikt lässt sich nicht befrieden: Gegen den Deckel auf dem Topf“ weiterlesen

Gemeinsame Einsamkeit

Gedanken über die Entfremdung

Man muss kein erleuchtetes oder belehrtes Wesen sein, um die allgegenwärtige Missverhältnisse zu verspüren. Die Rede ist vom Spürsinn, der sowohl physisch als auch psychisch sein kann, aber eben den kognitiven Bereich unseres Gehirns stimuliert. Diesen Eindrücken kann man sich auf Dauer nicht entziehen. Die Frage ist, wie damit umgegangen wird: Resignation oder Aufstand? Natürlich gibt es auch den demokratischen Mittelweg durch die Institutionen, der ist aber an dieser Stelle schlicht belanglos. Das Fatalste ist die Resignation. Sie in den Gesichtern und den Gesprächen mit anderen Menschen zu erfahren ist entrüstend. „Gemeinsame Einsamkeit“ weiterlesen

Im Zweifel für den Aufstand

Warum von einem „anderen“ Zusammenleben träumen? Weil offensichtlich ist, wer die Verantwortung für die aktuellen weltweiten sozialen Konflikte trägt: der Kapitalismus und seine Verfechter*innen, als ein moderner Ausdruck der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Dieser gesellschaftliche Zustand kann mit leidenschaftlichem Einfallsreichtum zum Stillstand gebracht werden. Es entsteht eine offene Feindschaft zwischen denjenigen, welche für die Ausbeutung, die Knechtschaft, die Unterdrückung stehen, und denjenigen, die genau diese Verhaltensweisen verneinen und überwinden wollen. Auch wenn letztere dies nur in kurzen flammenden Momenten ausdrücken. Die Gewalt, die bei jeglicher direkten Tat entstehen kann, und deren Ausmaß ist nicht das Ziel, sondern eine Variabel. „Im Zweifel für den Aufstand“ weiterlesen

Eine gelbe Weste gegen die Tristesse der sozialen Bewegungen

Einige Gedanken zu einer Revolte, die mit dem Herkömmlichen bricht. Geschrieben zu einem Zeitpunkt, als die Mobilisierungen landesweit noch großes Potential hatten.

Die gelbe Weste. Ein Kleidungsstück in greller Farbe, das einst mit der öden Warterei am Straßenrand auf den Pannendienst assoziiert wurde, erfreut sich in Frankreich seit mittlerweile über sechs Monaten großer Beliebtheit. Nicht weil die Menschen plötzlich mehr Bewusstsein für die Verkehrssicherheit erlangt hätten, sondern weil die soziale Sicherheit schon lange am bröckeln ist und für viele noch nie existiert hat.

Wie aus dem nichts ist nach der Ankündigung Macrons im November letzten Jahres, eine Ökosteuer auf den Spritpreis zu erheben, die Wut sichtbar geworden. Eine Wut, ganz allgemein auf die herrschenden Verhältnisse in denen der ökonomische Druck immer größer wird, aber auch auf die Regierung Macrons im speziellen, welche ohne Rücksicht auf Verluste ihr neoliberales Projekt zu Ende bringen will. Es war der berühmte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. „Eine gelbe Weste gegen die Tristesse der sozialen Bewegungen“ weiterlesen

Katerstimmung

Eine weiterführende Einschätzung zu den Entwicklungen in Frankreich diesen Sommer.

Leugnen, dass sich eine Katerstimmung breit gemacht hat, würde an dieser Stelle natürlich nur von einer augenfälligen Unaufrichtigkeit zeugen. Somit wollen wir das lieber unterlassen und uns stattdessen darum bemühen, diesen Kater aus zu kurieren.
Die Gelbwesten haben sich aus den Straßen Frankreichs weitestgehend zurückgezogen. Auch wenn hin und da immer wieder kleine Erscheinungen an den Tag treten, hat das offensichtlich nichts mehr mit der Kraft und der Intensität wie vor sieben/acht Monaten zu tun. Die Regierung und mit ihr die Politik, die diese nun seit zwei Jahren vorantreibt, stehen noch. In diesem Sinne kann man ohne wenn und aber, offen und ehrlich von einer Niederlage sprechen. Natürlich bringt erlebter Widerstand immer auch Veränderung mit sich, im intimen und im kollektiven Bewusstsein derer, die diesen Widerstand getragen haben. „Katerstimmung“ weiterlesen

Als mensch illegal wurde…

Gedanken über eine technologisierte Gesellschaft

Der Ausbau des technologischen Netzes führt immer mehr dazu, dass sich jeder und jede diesem Netz anpassen muss. Neben dem Erlernen von neuen Fähigkeiten bedeutet das auch den Erwerb von neuen Geräten. Wie z.B. das Smartphone, um nur das Offensichtlichste zu nennen, oder eine „Online-Präsenz“ in Sozialen Medien. Wer keinen Facebook-Account hat, bekommt nur das halbe Leben mit und wird in Zukunft wahrscheinlich auch nur begrenzten öffentlichen Zugang haben. Bargeld soll verschwinden und durch digitale Transaktionen ersetzt werden (wie es zum Beispiel zum großen Teil bereits in skandinavischen Ländern der Fall ist). Der Zweck ist vermutlich die Ausweitung der digitalen Kontrolle des Staates so wie die illegalen Bargeld-Transaktionen trocken zu legen. Wer die klassische Version des Tickets für Bus und Bahn wählt, und zwar das Ticket am Automaten mit Bargeld zu kaufen, zahlt mehr, als wenn man es online kauft. „Als mensch illegal wurde…“ weiterlesen

Randnotiz: Ooops Funkstörung

Wie dem Tagesspiegel vom 6. August zu entnehmen ist, wurde Anfang August auf dem Dachboden eines Hochhauses in Berlin-Gropiusstadt in einen Digitalfunkraum der Berliner Polizei eingebrochen und hochsensible Polizeifunk-Technik abgeräumt. Die Täter*innen brachen eine Gittertür auf und verschafften sich so Zugang. Bei der erbeuteten Technik handelt es sich um Richtfunksender, Richtfunkempfänger, fernsteuerbare Steckdosen und spezielle Router, welche sichere Datenverbindungen ermöglichen. Wer über Zugang zu dieser Technik verfügt und das nötige Know-How mitbringt, wäre wohl in der Lage, Eingriffe im Datennetzwerk vorzunehmen und den Polizeifunk zu manipulieren. Die Polizei selbst schweigt zu diesem Ereignis.

Im Süden Neuköllns, in der Buschkrugallee, wurde am 2. August ein Funkmast angezündet. „Randnotiz: Ooops Funkstörung“ weiterlesen

No Limit

Was bedeutet die Einführung des 5G-Mobilfunknetzes?

Das 5G-Netz kommt! Streamen, Zocken und Online-Leben ohne Limit überall! Nach 3G und 4G (LTE) soll bis 2022 ein neuer Funkübertragungsstandard aufgebaut werden. Mehr Funkantennen, breitere Frequenzspektren, geringere Latenzen und hohe Übertragungsraten soll es geben. 3G-Netze für nicht-internetfähige Handys sollen bis Ende 2020/21 abgeschaltet werden. Die Datenübertragungsrate, also wie viele Megabit Daten pro Sekunde übertragen werden können, sollen im 5G-Netz um ein vielfaches steigen, bis zu 10.000 Mbit/s, das 3G-Netz für normale Handys schafft lediglich 42 Mbit/s. Niedrige Latenzraten ermöglichen das gleichzeitige Anbinden vieler Geräte an einen Anschluss und Echtzeitanwendungen wie „autonomes“ fahren oder Augmented Reality („Erweiterte Realität“ durch Technologie, wie z.B. eingeblendete Bilder und Informationen einer interaktiven Brille die sich über die Realität legen). Es sollen auch mehr Frequenzen genutzt werden, und zwar vor allem mit kürzeren Wellenlängen. Das verspricht mehr Bandbreite, erfordert aber eine wesentlich höhere Dichte an Funkmasten. Die Bundesregierung will in ländlichen Gebieten eigene Sendemasten aufstellen, um eine lückenlose Abdeckung zu gewährleisten. „No Limit“ weiterlesen

Randnotiz: Google brennt

Im Juni brannte ein Google-Truck in Frankfurt aus, Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.
Dass es Menschen gibt, die sich gegen Google, den technologischen Kontrollwahn entgegenstellen, wurde auch in der Vergangenheit in Berlin-Kreuzberg deutlich, wo der Google-Campus vorerst verhindert wurde. Jedoch bezieht Google weitere Büros in Berlin, nämlich im Johannishof in der Johannisstraße in Mitte und in ihrer neuen Zentrale in der Tucholskystraße. Konkrete Orte, die Angriffspunkte gegen eine totale Überwachung und Kontrolle sein können.
Zur Kritik an Google und dem technologischen Angriff wurde in letzter Zeit viel geschrieben und getan, nachzulesen in der „Shitstorm“ und dem Text „Und die Welt werde Google“ bei anarchistischebibliothek.org.
Die Cloud aus Löschschaum und der vorerst verhinderte Google-Campus zeigen auf jeden Fall, dass auch einer der mächtigsten Firmen der Welt nicht unantastbar ist und zaubern ein Lächeln ins Gesicht.

Textempfehlung: GOOGLE CAMPUS KAPUTT – Reflektionen zum Kampf gegen den Google-Campus in Berlin 2016 – 2018

Google wollte in Berlin-Kreuzberg einen Start-Up-Campus eröffnen, wogegen es umfangreichen Widerstand gab. Die Broschüre GOOGLE CAMPUS KAPUTT gibt einen kleinen Rückblick auf zwei Jahre Kampf gegen den Technologieriesen: „In diesem Text wird im folgenden näher auf diejenigen Initiativen eingegangen, die die Idee des informellen selbstbestimmten Handelns als Grundlage hatten. Dies ist ein Ertasten von Momenten der Qualität dieses Kampfes aus herrschaftsfeindlicher Perspektive.“
Im Infoladen oder bei anarchistischebibliothek.org „Textempfehlung: GOOGLE CAMPUS KAPUTT – Reflektionen zum Kampf gegen den Google-Campus in Berlin 2016 – 2018“ weiterlesen

Terror incognita

Für die Befreiung  von staatlicher und  kolonialer Herrschaft  in Kamerun und überall

In Kamerun spitzen sich seit geraumer Zeit soziale und politische Konflikte zu. Da ist u.a. die Unterdrückung der englischsprachigen Minderheit durch die frankophone Führung. Die Kritik an der Regierung und dem Präsidenten Paul Biya, der sich seit 37 Jahren an der Macht festhält. Und im allgemeinen unterschiedliche Ausdrücke gegen die Armut im Land. Der Staat reagiert auf Proteste mit Gewalt und Soldaten schießen auf Menschen, wie bei einer Demonstration von Lehrer*Innen und Rechtsanwält*Innen gegen den Zwang und Privilegierung der französischen Sprache im November 2016 in den englischsprachigen Provinzen. Seit 2016 kommt es vor allem dort im Süd- und Nordwesten des Landes, immer wieder zu Toten und Verletzten durch das Militär und Terror durch den Staat. Die Reaktion auf die staatliche Gewalt, war die Selbst-Bewaffnung der Bevölkerung, und die offene Konfrontation mit dem Staat. „Terror incognita“ weiterlesen

Buchempfehlung: Gegen das Getreide

Welcher Nutzen ergab sich für den Menschen, indem er sesshaft wurde, sich staatlich organisierte und Städte gründete? Ginge es nach James C. Scott, hatte diese Entwicklung vor allem negative Folgen für den größten Teil der Menschen – soziale Hierarchien, Patriarchat, einseitige bzw. ungesunde Ernährung, Zivilisationskrankheiten, Ausbeutung, Domestizierung nicht nur der Natur und Tiere, sondern auch der Menschen,… und in Anbetracht der heutigen „Klima-Krise“ im „Zeitalter des Menschen“ (Antropozän), die Zerstörung der Erde. In dem Buch Against the Grain – A Deep History of the Earliest States (2017) zeigt James auf, dass diese Entwicklung in keinster Weise eine natürliche war. „Buchempfehlung: Gegen das Getreide“ weiterlesen

Buchempfehlung: Allein machen sie dich ein – der „Blues der Städte“

Mit diesem Buch liegt nun endlich eine detaillierte und hintergründige Zusammenfassung zur Geschichte der Gruppe „Bewegung 2. Juni“ vor, einer bewaffneten Gruppe aus den 70ern, die bis in die 80er bestand. Neben einer personellen Aufstellung und der chronologischen Darstellung von Aktionen und Reaktionen, geht es vor allem um die Reflexion der Kämpfe und Texte zu jener Zeit und aus heutiger Sicht. „Buchempfehlung: Allein machen sie dich ein – der „Blues der Städte““ weiterlesen