Weder Rechts noch Links – wir wählen die Revolte

Das Ende der Geschichte

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion glaubten einige Politikwissenschaftler*innen, dass nun das „Ende der Geschichte“ besiegelt wäre. Der Kapitalismus habe durch seinen Sieg über den Ostblock, die Globalisierung der Märkte und seiner fortschreitenden Ausdehnung in die letzten Winkel des Planeten seine Überlegenheit unter Beweis gestellt und der Liberalismus in Form von Demokratie und freier Marktwirtschaft sich als die erfolgreichste und gerechteste Form einer Gesellschaftsordnung erwiesen. Eine solche These schien für Viele in unseren Breitengrade durchaus plausibel. Gerade der westlichen Mittelschicht, die in der Welt der Waren das persönliche Glück zu finden glaubte und als stumpfe Konsument*innen begeistert dem Spektakel huldigte, lag nichts ferner, als das Bestehende in Frage zu stellen. Eine Position, der natürlich auch damals schon eine beeindruckende Ignoranz gegenüber den Schattenseiten dieses Systems beiwohnte. Denn die soziale Absicherung und Unbekümmertheit der Einen, hat schon immer am anderen Ende seinen Tribut gefordert. „Weder Rechts noch Links – wir wählen die Revolte“ weiterlesen

Die Schildkröte im Netz aus gequirlter Scheiße und Ödnis

Ich hab Angst. Bis jetzt war doch alles so bequem und gut. Bisher konnten viele nach dem Motto leben: „nach uns die Sintflut“. Ich wollte das auch. Bedenkenlos in der Welt herum fliegen. Kaffee to go ohne Ende, Shampoo aus Plastikflaschen, Trinkwasser in der Toilettenschüssel, … Und jetzt? Jetzt hab ich bei allem ein schlechtes Gewissen. Und nicht nur das – ich habe Angst vor der Zukunft. Verdammt. Krieg und Leid. Gibt es noch Hoffnung? Ich will Hoffnung haben; feiernd durch die Nächte meiner Jugend, dann im Alter noch eine entspannte Ruhe genießen und meine noch ungeborenen Kinder, die im Frieden aufwachsen.

Ich bin es doch nicht gewesen, die das Salz in die Oder schüttete. Ich habe kein Sprengstofflager im Grunewald. Ich bin auch nicht Teil der Teslafabrik, die das Grundwasser in Grünheide abschöpft – warum soll ich Verzicht üben? Ich kleine Hanswurst*. Ich will mir diese Verantwortung gar nicht anziehen, aber das schlechte Gewissen ist längs schon gepflanzt. „Die Schildkröte im Netz aus gequirlter Scheiße und Ödnis“ weiterlesen

Der Schwarze Block

Es ranken sich viele Mythen um den „Schwarzen Block“ und sein Entstehen.

Die geläufigste Erzählung ist wohl, dass der „Schwarze Block“ bei den Protesten gegen das Bundeswehr Gelöbnis 1980 in Bremen das erste mal in Erscheinung trat und während den Straßenschlachten mit den Bullen, sogleich seine Schlagkraft unter Beweis stellen konnte. Doch es gibt eine kleine, entzückende Vorgeschichte, welche in der Geschichtsschreibung der Autonomen und Anarchist*innen nicht weiter Erwähnung findet und abgesehen von den Beteiligten damals, wohl kaum noch jemandem bekannt sein dürfte. Vier Jahrzehnte später erfreut sich der „Schwarze Block“ rund um den Globus großer Beliebtheit und entwickelt sich mit der Dynamik der Straße ständig weiter. Grund genug also, um ein Blick auf die Geschichte seiner Anfänge zu werfen, erzählt von einem Beteiligten damals. „Der Schwarze Block“ weiterlesen

Der soziale Krieg von oben … und die Kämpfe von Unten!

Die bestehende Gesellschaft beruht auf Ungleichheit, weil sich unterschiedliche Interessen in einem Machtverhältnis unversöhnlich gegenüberstehen. In einem kapitalistischen System haben diejenigen, die Kapital besitzen (Eigentum, Produktionsmittel, Immobilien, Konzerne,…) andere Interessen als diejenigen, welche ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, Sozialhilfen empfangen, zur Miete wohnen. Vermieter*innen haben ein Interesse, dass die Miete für Wohnungen steigt. Mieter*innen haben ein Interesse, dass die Miete gleich bleibt oder sinkt. Genauso bei der Arbeit. Die Führung eines Unternehmens möchte, dass der Lohn für die Arbeitnehmer*innen so gering wie möglich bleibt. Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, möchten mehr Lohn haben (oder zumindest das, was angemessen zum Profit des Unternehmens steht). Diese unversöhnliche Gegenüberstellung wurde Klassenkampf genannt und beschrieb vordergründig diesen ökonomischen Konflikt. Heute, hier in Deutschland, sind die Klassen weniger sichtbar, da sich die Arbeitsverhältnisse verändert haben. „Der soziale Krieg von oben … und die Kämpfe von Unten!“ weiterlesen

Sabotage 2.0

Über Altbewährtes in neuer Frische

Seit einigen Jahren ist im europäischen Raum und darüber hinaus eine stetige Zunahme von Sabotage-Angriffen auf Relaisstationen, Kabelschächte und Mobilfunkantennen der großen Telekommunikationsunternehmen zu beobachten. Mit der beginnenden Errichtung der 5G-Infrastruktur in einigen Ländern und vor Allem während des Pandemie-bedingten Lockdown, fand diese Methode eine vorher noch nicht dagewesene Verbreitung. Alleine am Osterwochenende wurden in Großbritannien 20 Mobilfunkmasten abgefackelt. Insgesamt meldeten die Behörden bis Ende April über 60 solche Angriffe. In den Niederlanden und Frankreich lösten sich im selben Zeitraum über ein dutzend Antennen in Rauch auf, und auch aus Deutschland, Italien, Irland und anderen Ländern werden immer wieder ähnliche Fälle gemeldet. Tendenz steigend. „Sabotage 2.0“ weiterlesen

Eine weltweite Revolte

Im Herbst 2019 fegte ein rebellischer Wind über die Erde. Verstreut über den Globus lehnten sich Menschen gegen Korruption, Armut, Kapitalismus und Autorität auf. Jedoch vertrieben die Covid-19 Pandemie und die Maßnahmen der Herrschenden zu ihrer Eindämmung die Proteste erst einmal von der Straße.

Die staatlich verordnete und erwünschte Paralyse der Bevölkerung konnte jedoch nur kurz greifen, denn schon bald erkannten die Ausgebeuteten, dass die Ursachen ihrer Unterdrückung und Not nicht bei einem Virus zu finden sind, sondern im kapitalistischem System. Umso heftiger entzündeten sich weltweit Streiks, Krawalle oder massive Aufstände. Sei es aufgrund der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die sich bis zum Zugriff der staatlichen Kontrolle auf den eigenen Körper ausweiteten, der Brutalität, mit der die Sicherheitskräfte überall die Ausgangssperren versuchten durchzusetzen oder aus purer Notwendigkeit, nicht am Hunger zu sterben.

Diese Karte versucht den Blick darauf zu lenken, dass es an vielen Orten den Menschen ein für alle mal reicht, die Zustände als gegeben zu betrachten. „Eine weltweite Revolte“ weiterlesen

Viel Gezwitscher um nichts

Die Überbewertung und geringe widerständige Nachhaltigkeit von Protesten und Auseinandersetzungen durch Twitter

Eine Erkenntnis die uns alle anscheinend beruhigt ist, dass wenn getwittert wird, wird informiert. Eine Superreichweite, die eine Nachricht von der Besetzung (Aktion, Spontandemo, Unterschriftenliste) erreicht. Puh geschafft – alle wissen es! Aber was wissen sie denn? Sie könnten zur einer Besetzung kommen, jedoch oft ohne Absprache mit Anderen, Freund*innen, Gefährt*innen, geschweige denn mit den Leuten im besetzten Haus. Wenn sie Twitter dabei haben, ist auch ihr Überwachungsmittel das Smartphone mit Kamera, Mikrophon und GPS dabei. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: ich bleibe zu Hause, weil ich bin nicht vorbereitet, oder ich gehe zur Besetzung und wenn ich nicht total sponti bin, bleibe ich letztendlich ein*e vernünftige Zuschauer*in. „Viel Gezwitscher um nichts“ weiterlesen

No Leader, Be Water

Wie die Rebellierenden HongKongs ein Bild aus der Zukunft zeichnen

Es gibt immer wieder diese Momente, in denen irgendwo auf der Welt ein Konflikt eskaliert, der uns dann fast täglich in der Presse oder im Netz begegnet. Manchmal können wir auf Anhieb was damit anfangen, uns mit den Protagonist*innen identifizieren oder in ihren Taten Absichten erkennen, die uns vertraut sind und so eine Verbundenheit entsteht. Manchmal aber, verlieren sich diese Nachrichten im Informations-Wirrwarr des Internets. Haben wir keinen direkten Bezug dazu, schenken wir ihnen wenig Beachtung, obwohl sie eigentlich eine Menge Interessantes in sich tragen. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele Momente von Revolten und Aufständen im letzten Jahrzehnt außerhalb der herkömmlichen Parameter einer traditionellen Linken stattfanden. Und das ist auch gut so. Doch bedeutet dies auch, das wir soziale Konflikte, die Zusammensetzung ihrer Akteur*innen oder ihre Beweggründe, zu kämpfen, oft nicht verstehen. Nun, es liegt an uns, die Offenheit und Neugier zu besitzen, sich trotzdem auf die Suche zu machen, um Gemeinsamkeiten und Affinitäten erkennen zu können. „No Leader, Be Water“ weiterlesen

Der unwahrscheinliche Gipfel der Wahrheit

Ein*e Bergsteiger*in hat nur eins vor Augen, sein Ziel, der Gipfel. Ein Großteil der Konzentration widmet sich der Vorbereitung. Ein strategisches Vorgehen ist erforderlich. Das Unvorhersehbare soll berechnet und somit vorhersehbar gemacht werden. Zu Zeiten, als es noch keine hoch entwickelten Technologien gab, verließen sich die erfahrenen Bergsteiger*innen in erster Linie auf ihre Erfahrung, dann auf das fachliche Wissen und dann auf die Technik. Heutzutage ist es die Technik, die das Abwägen und Einschätzen, schlicht die Erfahrungswerte, zweitrangig macht. Die mathematischen Algorithmen, mit denen die ganzen Apparate gespeist werden, sind Früchte der theoretischen Wissenschaften, sei es die Mathematik, Physik oder Meteorologie. Die Wissenschaft und ihre Entdeckungen sind die Grundpfeiler jeder angewandten Wissenschaft und somit Vorreiter des technologischen Fortschritts. Der Glaube an die produzierte Wahrheit der Wissenschaft lässt uns nur selten an ihrer Echtheit zweifeln. Im Gegenteil. „Der unwahrscheinliche Gipfel der Wahrheit“ weiterlesen

Eigentum besitzen, Eigentum besetzen, Eigentum beisetzen

Vom Recht auf Wohnen, losen Versprechen und anderen Fata Morganas

Es gibt viele Wege und Werkzeuge, um gegen die geregelte Ordnung dieser Welt zu komplottieren. Die soziale Ordnung birgt Unterwerfung und Disziplin in sich. Die ordentlichen Verteidiger*innen dieser Realität sind diejenigen, die Ausbeutung und Unterdrückung durch ihren unermesslichen Wunsch nach Recht und Ordnung vorantreiben. So gibt es Menschen, die die Macht haben über anderer Leben zu entscheiden, durch ihre politische und wirtschaftliche Position. Diese politische Oberschicht, oder wie sie so charmant genannt werden „Meinungsvertreter*innen“, sind ein entscheidender Teil des kapitalistischen und demokratischen Fortbestehens, dessen Ordnung gewisse Menschen an der Macht sieht und andere ganz weit unten in der sozialen Hierarchie.

Es geht hier nicht um die unwahrscheinliche Antwort auf die Klassenfrage. Wo ist die Klasse, wer ist sie, gibt es sie überhaupt noch? „Eigentum besitzen, Eigentum besetzen, Eigentum beisetzen“ weiterlesen

Katerstimmung

Eine weiterführende Einschätzung zu den Entwicklungen in Frankreich diesen Sommer.

Leugnen, dass sich eine Katerstimmung breit gemacht hat, würde an dieser Stelle natürlich nur von einer augenfälligen Unaufrichtigkeit zeugen. Somit wollen wir das lieber unterlassen und uns stattdessen darum bemühen, diesen Kater aus zu kurieren.
Die Gelbwesten haben sich aus den Straßen Frankreichs weitestgehend zurückgezogen. Auch wenn hin und da immer wieder kleine Erscheinungen an den Tag treten, hat das offensichtlich nichts mehr mit der Kraft und der Intensität wie vor sieben/acht Monaten zu tun. Die Regierung und mit ihr die Politik, die diese nun seit zwei Jahren vorantreibt, stehen noch. In diesem Sinne kann man ohne wenn und aber, offen und ehrlich von einer Niederlage sprechen. Natürlich bringt erlebter Widerstand immer auch Veränderung mit sich, im intimen und im kollektiven Bewusstsein derer, die diesen Widerstand getragen haben. „Katerstimmung“ weiterlesen

Terror incognita

Für die Befreiung  von staatlicher und  kolonialer Herrschaft  in Kamerun und überall

In Kamerun spitzen sich seit geraumer Zeit soziale und politische Konflikte zu. Da ist u.a. die Unterdrückung der englischsprachigen Minderheit durch die frankophone Führung. Die Kritik an der Regierung und dem Präsidenten Paul Biya, der sich seit 37 Jahren an der Macht festhält. Und im allgemeinen unterschiedliche Ausdrücke gegen die Armut im Land. Der Staat reagiert auf Proteste mit Gewalt und Soldaten schießen auf Menschen, wie bei einer Demonstration von Lehrer*Innen und Rechtsanwält*Innen gegen den Zwang und Privilegierung der französischen Sprache im November 2016 in den englischsprachigen Provinzen. Seit 2016 kommt es vor allem dort im Süd- und Nordwesten des Landes, immer wieder zu Toten und Verletzten durch das Militär und Terror durch den Staat. Die Reaktion auf die staatliche Gewalt, war die Selbst-Bewaffnung der Bevölkerung, und die offene Konfrontation mit dem Staat. „Terror incognita“ weiterlesen